Neues von U2: „Songs of Surrender“ 

 

U2 galten lange Zeit als eine der innovativsten und experimentierfreudigsten Bands im Rockbusiness. Und es gibt nicht wirklich viele Bands, die so lange in unveränderter Besetzung an der Weltspitze mitspielen. Jetzt haben sie ein umstrittenes neues Album vorgelegt.
 

Als jemand, der insbesondere die ersten Alben „Boy“ (1989), „October“ (1981), „Boy“ (1983) und „The unforgetable fire“ (1984) mochte, war mir vieles ab den 1990ern davon zu soft, zu weichgespült, zu angepasst. 
 
Ich mochte und mag den eher rohen, ungeschliffenen Sound der den Charme der frühen Songs ausmachte, die noch ein Hauch von Indie und Revolution umweht und die meist nur mit Bass, Gitarre, Drums und Gesang instrumentiert sind. Natürlich schwebt das 1987er Album „The Joshua Tree“ über allem und steht doch zwischen dem Ende der Zeit als Protestband hin zum Mainstream. 
 
Später war alles perfekt produziert und immer gut zu hören. Aber oft auch zu glatt. Trotzdem habe ich das Schaffen der Band immer gerne verfolgt. Und mit z.B. „The Saints are coming“ (zusammen mit Green Day) blitzte hin und wieder auch ein echtes musikalisches Kleinod auf. 

 
Tja, und nun hat die Band mit „Songs of Surrender“ ein 40 Titel umfassendes Album vorgelegt, auf dem U2 die eigenen Songs neu interpretiert. Die Band muss dafür harsche und vernichtende Kritik einstecken. Schade. Und auch nicht unbedingt nachvollziehbar. Man kann es mögen oder nicht, aber das Werk als „Sinnlos, bloody sinnlos“ zu geißeln und zu schreiben, dass Bono, The Edge, Larry Mullen und Adam Clayton darauf alles falsch gemacht hätten (Spiegel online), ist schon harter Tobak. Die angeblich schwache Stimme Bonos wird ebenso kritisiert, wie die fehlende Kraft der Songs und die Abwesenheit von Ideen, an deren Stelle völlige Einfallslosigkeit um sich greife. 
 
Eigentlich ist es doch mehr als mutig, das eigene Vermächtnis selbst neu einzuspielen und dabei nicht nur einfach die bisherigen Songs in ihren alten Strukturen neu aufzunehmen, ihnen nur einen Lack in einer anderen Farbe zu verpassen. Die irische Band hat viel mehr gemacht: Neu instrumentiert, teilweise neue Texte und so den Songs auch eine neue Karosserie und letztlich ein ganz neues Gewand verpasst. So hat sie U2 mit der reduzierten Instrumentierung zu neuen Songs gemacht. Accoustisch, Bass, Gitarre, gelegentlich Schlagzeug und Bonos Gesang. Back to the roots sozusagen - und doch ganz anders. So wie sie sie eben heute einspielen würden. Ob „Pride“ dann immer noch der Hit wäre, ja, die Frage kann man stellen und muss jeder für sich selbst beantworten. 
 
Fazit: Eigentlich passt „Songs of Surrender“ zur Evolution von U2, die eben als enorm innovativ und experimentell gelten. Hier waren und sind sie beides. Das kann man ihnen nicht vorwerfen, sondern muss sie für diese Kühnheit eigentlich bewundern. Und letztlich müssen U2 niemand mehr etwas beweisen, sondern können abliefern, worauf sie Lust haben. Eine Freiheit, die leider vielen Künstlern abgeht. Und am Ende ist Kunst immer auch Geschmackssache.